Ungewöhnlich harmonisch

Ungewöhnlich harmonisch

Nationalrat Walter Donzé, Frutigen BE, macht sich Gedanken zum Symphonieorchester Nationalrat.

Hervorragend wurde Christine Egerszegy im Dezember zur Nationalratspräsidentin 2007 gewählt. Für einen ihr entsprechenden Auftakt hatte sie vorgesorgt: Das Kammerton Quartett Aargau trug a cappella Volkslieder in den vier Schweizer Landessprachen vor. Ausnahmsweise war
es im Nationalratssaal mäuschenstill. Stellen Sie sich das vor: Der ganze Nationalrat auf Empfang!

 

C'est le ton qui fait la musique, das sei ihr roter Faden fürs Präsidialjahr. Ob sie den Zusammenklang für unser gemeinsames Jahr deuten dürfe? Alte Volkslieder, gesungen von jungen Leuten, fein abgestimmt, harmonisch vorgetragen – ohne Dirigent! Die höchste Schweizerin betonte in ihrer Antrittsrede Zusammengehörigkeit, gleichwertige Berücksichtigung, Brücken, die wir einander bauen. Das vermittle ein Gefühl der Stärke, der Gemeinschaft, der Geborgenheit, der Zuversicht und der Freude.

 

«Wir haben es gehört: Jede Stimme hatte ihren Wert, ihre Berechtigung, ja ihre Notwendigkeit. Das gilt auch hier im Ratssaal.» Die Präsidentin setzt es gleich in die Tat um: In jeder Session haben auch Fraktionslose wenigstens einmal das Wort. Solisten ermahnt sie, auf die anderen zu hören, Zurückhaltung zu üben. Es gehe nicht ohne Respekt und Achtung, auch vor der anderen Meinung. Sie spricht mir aus dem Herzen.

 

Aber wir sind im Wahljahr! Selbstdarsteller machen auf sich aufmerksam. Gezeigt werden Akteure, nicht die Begleitstimmen. Wer erwähnt werden will, flickt an derPartitur, fällt aus dem Takt, erzeugt Misstöne, haut auf die Pauke.
Mit der Harmonie ist es schnell wieder vorbei. Der Alltag holt das Parlament ein. Die Parteien markieren lautstark.

 

Die edlen Töne werden zum wohltuenden Ohrwurm. Ich wünschte, sie würden der Wahlhit 2007.

 

Walter Donzé
Vizepräsident der EVP Schweiz