Ja zum geordneten Ausstieg aus der Atomenergie

Ja zum geordneten Ausstieg aus der Atomenergie

EVP-Präsident Heiner Studer in einer Kolumne der Online-Zeitung der Allianz «Nein zu neuen AKW».

Als ich im Alter von 23 Jahren erstmals in den Grossen Rat des Kantons Aargau gewählt wurde, begann die Debatte um den allfälligen Bau des Kernkraftwerks
Kaiseraugst bald intensiv zu entflammen. Ich wohne im Osten des Kantons, welcher ausgesprochen atomenergiefreundlich war. Meine Minderheitsmeinung, dass auf diesen Bau zu verzichten ist, war damit recht unpopulär. Mit vielen war eine Diskussion über diese Frage unmöglich. Deshalb wurde es notwendig, die Energiefrage aus einer weiteren Perspektive anzugehen. Unabhängig von politischen Stellungsbezügen wurde es wichtig, dass Energiesparen breit abgestützt wird und erneuerbare Energien intensiv gefördert werden.


Eine Persönlichkeit, die ich sehr schätzte, war der Theologieprofessor Fritz Blanke. Er gehörte für die Evangelische Volkspartei dem Gemeinderat der Stadt Zürich und dem Zürcher Kantonsrat an. Dort reichte er eine Motion betreffend der Problematik des Atommülls und eine betreffend der Problematik des Bleibenzins ein. Er erkannte schon vor mehr als 50 Jahren die Gefahren, die mit der Nutzung der Atomenergie verbunden sind. Dass er damals damit rechnen musste, als nicht realitätsbezogener Idealist zu gelten, war für ihn kein Problem.


Meine Haltung gegenüber der Kernenergie hat mit meinem christlichen Glauben zu tun. Gott ist nach meiner Überzeugung Schöpfer der Erde und von allem, was darauf lebt. Die Erde ist seine Leihgabe an uns, die wir bewahren sollen. Somit gehört für mich der Einsatz für die Umwelt zu meinen Kernthemen. In der Umweltpolitik ist es möglich, aus unterschiedlichen Motiven heraus zu übereinstimmenden Lösungen zu gelangen und diese mehrheitsfähig zu machen.

 

Deshalb freute es mich, dass im Parlament die Motionen, welche einen Atomausstieg wollen, eine Mehrheit erhielten. Dem Bundesrat überwiesene Motionen sind jedoch erst ein Auftrag, der zu erfüllen ist. Aus diesem Grunde war es wichtig, dass die Volksinitiative «für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie», deren Initiativkomitee ich angehöre, lanciert wurde und dass sie nun mit genügend Unterschriften zustande kam. Ihre Forderungen, Verzicht auf Kernenergie zur Erzeugung von Strom und Wärme und Priorität bei den Energiesparmassnahmen, der effizienten Nutzung der Energie und der Erzeugung erneuerbarer Energien, sind sehr wesentlich. Dass es auch die Übergangsbestimmung betreffend Zeitpunkt der Ausserbetriebnahme der bestehenden Kernkraftwerke braucht, zeigt die aktuelle Diskussion.

 

Heiner Studer

Präsident der EVP Schweiz