Herrliche Zeiten?

Herrliche Zeiten?

Der Kommentar von Ruedi Aeschbacher, Parteipräsident der EVP, zur drohenden Sonntagsarbeit durch das neue Arbeitsgesetz.

Herrliche Zeiten brechen an! Bald können wir - so das Stimmvolk will - auch am Sonntag unserem scheinbar wichtigsten Lebensinhalt frönen und «schoppen». Richtig einkaufen, wohlverstanden. Nicht nur ein paar Brötchen und die fehlende Tube Senf für den Sonntagsbraten. Sondern auch den neuen Stubenteppich, den Video-Recorder, einen Home-Trainer oder als «Schnäppchen» zwei Kehrrichtkübel zum Preis von einem.

 

Wie dies das Familienleben aufwertet! Statt zur Kirche, auf den Sportplatz oder mit dem Velo ins Grüne nun die Sonntagsfahrt zur «Rail City» in Zürich, Bern oder wo auch immer die SBB ihre guten alten Bahnhöfe zu hochmodernen Einkaufstempeln umfunktioniert. Zwar fehlen da noch ein paar Parkplätze. Aber die wird die Bahn auch noch hinkriegen. Damit Familie Schweizer mit ihrem Grosseinkauf bequem nach Hause kommt.

 

Wie werden wir nach solch sonntäglicher Einkaufs-Glückseligkeit am Montag mit Elan in die neue Woche starten! Ausgeruht, seelisch gestärkt, die sozialen Kontakte vertieft, den Kopf gelüftet? Dumm nur: das Portemonnaie ist dünn geworden. Macht nichts; wir haben ja für die ganze Woche eingekauft und müssen bis zum nächsten Sonntag kaum noch etwas im Quartier oder im Dorf posten.

 

Dort wird wohl dem einen oder anderen Geschäft der Umsatz fehlen und der Schnauf ausgehen. Macht auch nichts, am nächsten Sonntag geht's wieder ins «Rail City». Und bald gibt's den Sonntagseinkauf noch näher: Die «gewöhnlichen» Einkaufszentren und Läden werden nicht zusehen wollen, wie das Geld in die Bahnhöfe abwandert. Sie werden durchsetzen, dass auch sie sonntags offen halten können. Überall und jederzeit.

 

Wir gehen herrlichen Zeiten entgegen. Wirklich?

 

Ruedi Aeschbacher, Präsident der EVP Schweiz