Geteilte Macht

Geteilte Macht

Nationalrat Walter Donzé, Frutigen BE, sorgt sich, wie unüberlegt die grossen Parteien das Bundesgericht kritisieren.

Die Zeit der Landvögte ist vorbei. In unserem Land wird die Macht geteilt. In drei Staatsebenen: Bund, Kantone und Gemeinden. Und in drei Gewalten: Exekutive (Regierung), Legislative (Parlament) und Judikative (Gerichte). Das ist gut so. Auch dann, wenn es mir gegen den Strich geht. Aber das gilt offenbar nicht für alle. Wie anders ist es zu erklären, dass Bundesgerichtsentscheide schon fast regelmässig von der grössten (Regierungs-)Partei unseres Landes kritisiert und mit einer Volksinitiative beantwortet werden?

 

Degressive Steuertarife sind ungerecht und verzerren den Wettbewerb. Der Berner Finanzdirektor Urs Gasche zeigt sich erfreut über das Urteil unseres höchsten Gerichts. Sein Parteikollege Schwander beantragt im Nationalrat bei der Behandlung des Finanzausgleichs, degressive Steuertarife ausdrücklich zuzulassen.

 

Auch die Volksinitiative für demokratische Einbürgerungen ist eine Reaktion auf einen Bundesgerichtsentscheid. Die Verfassung garantiert allen ein ordentliches Verfahren ohne Willkür. Bei Urnenabstimmungen ist eine Begründung nicht möglich. Die meisten Kantone haben inzwischen ihre Bestimmungen angepasst. Eine Beschwerdemöglichkeit gegen ablehnende Entscheide ist nicht vorgesehen. Einbürgerungen sollen politische Entscheide bleiben und nicht zum Verwaltungsakt degradiert werden. Bürger soll werden, wer wirklich Schweizer sein will. Der Nationalrat brachte den verunglückten Kommissionsentscheid wieder ins Lot. Am Schluss kann der Souverän entscheiden.

 

Beispiel Nummer drei: Unsere Armee ist auf den Worst Case, einen bewaffneten Konflikt ausgerichtet. Sie ist deshalb teuer und betreut komplexe Systeme. Linke Kreise verweigern jeden Einsatz der Armee im Innern. Das geht auf ein Vorkommnis in den Dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts zurück. Man übersieht willentlich, dass die Armee im Ordnungsdienst nur auf „Bestellung“ der zivilen Behörden und unter deren Führung zum Einsatz kommt. Die Gewaltenteilung funktioniert. Die Luftwaffe als „Dach“ über unseren Köpfen, die militärische Sicherheit (ehemals Heerespolizei) für Polizeiaufgaben, die schweren Geniemittel für die Bewältigung von Naturereignissen, ein elektronisches Führungssystem, Logistik und Kommunikationsmittel für den Fall, dass die zivilen Einrichtungen ausfallen, können bei der Armee angefordert werden. Das ist ökonomisch und bringt einen Nutzen für unsere Sicherheit. Mir ist lieber, wenn Bürger in Uniform für meine Sicherheit sorgen als fremde Reisläufer in zivilen Sicherheitsfirmen.

 

Fazit: Seien wir vorsichtig, wenn das Bundesgericht diskreditiert wird. Unser höchstes Gericht urteilt nicht politisch. Es ist legitimiert, das Wirken der Legislative und der Exekutive anhand der Verfassung zu beurteilen. Mit diesem hohen Anspruch werden seine Mitglieder ja auch durch die Bundesversammlung gewählt.

 

Walter Donzé, Nationalrat