Verbandsbeschwerderecht und Volksabstimmung: zwei verschiedene Paar Stiefel

Hans Ulrich Walder, Leiter des Instituts Felsenegg, gibt eine wichtige Nachhilfelektion in Sachen Verbandsbeschwerderecht.

Bundesrat und  Parlament neigen dazu, Dinge, die sie einmal mit etlichem Aufwand beschlossen haben, nach einiger Zeit wieder fallen zu lassen, so die Armee XXI, so die Neuordnung des Initiativrechts. Beides ist im Jahre 2003 von Volk und Ständen gutgeheissen worden. Nichtsdestoweniger soll die uns als richtig für den Beginn des 21. Jahrhunderts angepriesene Armee mit Hilfe eines so genannten Entwicklungsschritts ihrer Verteidigungskraft verlustig gehen und das neue Initiativrecht lässt sich angeblich gar nicht "umsetzen".

 

Jetzt ist das Verbandsbeschwerderecht an der Reihe. Da werden Schlagworte aufgetischt, die bis zur "erpresserischen Manier" reichen und es wird plötzlich der vorher gering geachtete Volkswille bei Abstimmungen bemüht. Nicht einmal Bundesräte und ein renommierter Rechtswissenschafter vermögen dabei zu erkennen, dass Verbandsbeschwerde und Volksabstimmung zwei ganz verschiedene Paare Stiefel sind. Im ersten Fall geht es um die Einhaltung von Bestimmungen des Umwelt-, Natur- oder Heimatschutzes, an die jeder Bauherr, auch die öffentliche Hand, gebunden ist, im zweiten um den Kredit für das Projekt an sich. Die Volksabstimmung kann und will nicht über das befinden, was Sache der dafür eingesetzten Behörden ist (und nicht, wie Alex Baur behauptet, der Interessenverbände, denen lediglich ein Beschwerderecht zusteht). Sie beurteilt die Notwendigkeit, die Kosten und die Zweckmässigkeit einer Anlage und allenfalls ihren Standort nach den für die betreffende Thematik geltenden Zielsetzungen. Wo es um den Kampf für die Einhaltung von Vorschriften geht, sitzt eine Einzelperson schon des Kostenrisikos wegen am kürzern Hebelarm, wogegen ein für den betreffenden Zweck tätiger Verband dank des Vorhandenseins meist ehrenamtlicher Fachleute und seiner Erfahrungen gezielt dort einschreiten kann, wo es nötig ist. Geschieht dies, so wird ein Bauvorhaben den Stimmberechtigten unterbreitet, das dem einschlägigen Recht entspricht. Wollen wir das wirklich nicht mehr?

 

Prof. Dr. iur. Hans Ulrich Walder,

Leiter des Instituts Felsenegg