EVP-Stimmen zur Finanzkrise

Der Rettungsplan des Bundes stösst auf Kritik, doch was wäre die Alternative? Lesen Sie profilierte EVP-Stimmen zur Finanzkrise!

Für EVP-Nationalrat Walter Donzé (Frutigen, BE) ist es unbestritten, dass der Anlegerschutz massiv erhöht wird. Auch mit der 6-Milliarden-Beteiligung des Bundes an der UBS kann er sich anfreunden, wenn dank dieser Beteiligung Panik und grosser Schaden verhindert werden kann und sie dereinst verkauft werden kann. "Doch jetzt soll der Staat mit Steuergeldern den Schaden des stets gepriesenen Marktes und die Spekulation von Finanzhaien berappen. Das geht natürlich nicht."

 

Für Martin Aeschlimann, EVP-Stadtrat in Burgdorf, können die unumgänglichen staatlichen Eingriffe letztlich den Kern der Schwäche nicht beseitigen: "Die menschliche Gier als Antrieb für die Exzesse des Systems. Vielmehr ist hier die Besinnung auf Werte wie Solidarität, Treu und Glauben, Gerechtigkeit, Vertrauen und Genügsamkeit von Nöten. Werte können allerdings nicht mit staatlichen Massnahmen verordnet werden. Sie müssen im täglichen Leben reifen und gepflegt werden. Insofern kann die gegenwärtige Verunsicherung eine Chance sein, uns wieder auf diese Werte zu besinnen."

 

François Bachmann, Vizepräsident der EVP Schweiz und Co-Präsident der EVP Kanton Waadt, stösst ins gleiche Horn: "Es ist kein Geheimnis mehr: der Finanzwelt fehlt es an Werten. Gier und kurzfristiges Gewinnstreben haben zum Zusammenbruch angesehener Banken geführt. Nun rufen Globalisierungsapostel und Neoliberale als Erste nach staatlichen Eingriffen, um ihre Einsätze zu retten. (...) Als Christen bringen wir eine Perspektive mit, welche weit über die nächsten Quartals­abschlüsse und Börsenindizes hinausgeht. Ich wünsche mir, dass unsere Umwelt durch unser persönliches Engagement verändert wird. Machen Sie mit?" 

 

Für Peter Ritschard, EVP-Kantonsrat aus Zürich, steht fest, dass die Rettungsaktion des Bundes für die UBS vermutlich nicht zu umgehen war: "Die UBS hätte in den nächsten Tagen wegen Liquiditätsproblemen ihren Betrieb einstellen müssen. Dabei hätten hunderttausende von Sparern ihre Einlagen verloren. Der Schaden für die ganze Schweiz wäre immens gewesen. Als Folie für die Folgen  solcher Ereignisse kann nur die Krise aus den dreissiger Jahren mit dem anschliessenden Faschismus dienen. Doch es geht natürlich nicht, dass die Verantwortlichen dieser Krise sich aus der Verantwortung stehlen können. Wie der Bericht der EBK vornehm umschreibt, hatte die Geschäftsleitung das Geschehen in den letzten Jahren nicht mehr unter Kontrolle. Ein wesentlicher Grund dafür war die Geldgier. Ospel wollte die UBS als die grösste Bank der Welt positionieren. Dazu war jedes Mittel recht. Zudem fehlten ihm auch die Fähigkeiten, die Risiken richtig einzuschätzen. 'Gier frisst Hirn', sagt man an den Börsen."

 

Von heiligem Zorn gepackt, schreibt der Zürcher EVP-Kantonsrat Hans Fahrni:

  • "Da sterben Menschen, weil sie zu wenig Nahrung haben, die Schweiz kann aus finanziellen Gründen leider den Beitrag nicht erhöhen.
  • Da wird unsere Umwelt zerstört, die Schweiz kann aus finanziellen Gründen leider keinen zusätzlichen Beitrag leisten.
  • Da kann ArbeitnehmerInnen kaum die Teuerung ausbezahlt werden, - geschweige denn eine Lohnerhöhung, - aus finanziellen Gründen müssen leider alle den Gürtel enger schnallen.
  • Da könne Familien noch lange auf eine wesentliche Erhöhung der Familien- und Kinderzulagen warten, die Kosten dafür sind viel zu hoch.
  • Da zocken die Banker während Jahre ab, fahren das Land an die Wand und plötzlich ist alles anders: Man hat Geld im Überfluss, um die Löcher zu stopfen."

Alt-EVP-Kantonsrat Kurt Schreiber warnt ebenso zu recht: "Wir dürfen nicht zu jenen gehören, die die Krise laufen lassen wollen und bewusst in Kauf nehmen, dass noch Schlimmeres passiert."

 

Schliesslich präsentiert EVP-Kantonsrat Peter Ritschard aus Zürich eine ganze Liste von Forderungen und Schlüssen für die EVP:

 

  1. Es sind Verantwortlichkeitsklagen gegen die früheren Manager einzureichen.

  2. Ospel und seine Mitverantwortlichen sollen die Boni der letzten 5 Jahre zurückgeben. Sie sollen dies als Ehrenmänner und anständige Menschen tun.

  3. Die UBS darf in der Schweiz keine Arbeitsplätze abbauen.

  4. Bei der Entschädigung von Bankmitarbeitern ist auf Boni zu verzichten. Diese Boni  widersprechen den Interessen der Kunden. Nur auf Kosten des Kunden wird ein hoher Bonus erzielt. Die Boni der letzten Jahre wurden aus der Fantasieblase, bzw. Überliquidität an den Märkten bezahlt. Es soll wieder zu einer festen Lohnzahlung der Mitarbeiter zurückgekehrt werden.

  5. Die Politik hat mit der Rettungsaktion das Recht, bei den Entschädigungen der Bankmanager mitzusprechen. Es soll ein faires, aber restriktives Modell gefunden werden, das nicht umgangen werden kann. Die Eigengeschäfte der Bankmanager sind in Art und Umfang zu definieren und der EBK meldepflichtig. Sanktionen sind festzulegen.

  6. Die neoliberale Idee hat sich ad absurdum geführt. Die Aufhebung der Staatshaftung der Zürcher Kantonalbank oder gar eine Privatisierung kann kein Thema mehr sein.
  7. Ethik war in der Wirtschaft in den letzten 15 Jahren nicht mehr gefragt. Die riesigen Blasen an den Immobilenmärkten und Börsen sind eine Folge des Mangels.  Es ist wieder öffentlich festzustellen, dass eine Führungsperson in Wirtschaft und Staat über ethische Grundsätze zum Wohle aller Menschen verfügen muss. Der schnelle und hohe Gewinn in den letzten Jahren hat die falschen Leute in den Banken und der Wirtschaft an die Spitze gebracht. Es wird wieder Zeit für eine soziale Marktwirtschaft. Die Einkommens- und Vermögensunterschiede, die von den fünfziger bis zu den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts deutlich nivelliert waren, sind erneut auszugleichen.
  8. Das Finanzsystem der Weltwirtschaft muss zurückgestutzt werden. Das Finanzsystem soll nur dazu dienen, die produktive Industrie und Dienstleistungsgesellschaft mit der notwendigen Liquidität zu versorgen. Die Idee des Investment-Banking ist zu begraben. Die Welt braucht keine solchen „Master of the Universe“. Die Initiative soll auf die Firmen zurückgehen (Börsengänge, Fusionen, Emissionen, etc). In einer ethischen Wirtschaft braucht es keine Investment-Banker (oder nur ganz wenige).
  9. Die strukturieren Produkte oder Derivate sind einer Auskunftspflicht der Banken zu unterstellen. Die Bank muss dem Anleger in einfachen Worten erklären können, was da verkauft wird. Es soll etwa analog zu einem Gespräch eines Arztes mit dem Patienten vor der Operation sein. Die strukturieren Produkte erweisen sich oft als fauler Zauber. Nichtprofessionelle Anleger sind mit der Komplexität der strukturieren Produkte stark überfordert. Und wie das Beispiel der UBS zeigt, sind auch Risk-Manager diesen Konstruktionen nicht gewachsen.